Samstag, 25. September 2021

Alltägliches (133)

Passiert im Restaurante
pingo doce.
Foto: Heinz-Peter Tjaden


Szenen einer Ehe, die Männer früher sterben lassen

Im heutigen Cartoon fragen sich die beiden Korbschlitten-Männer in der "Diario de Notícias", warum Frauen sieben Jahre länger leben als Männer. Die Antwort ist einfach: Das liegt an der Ehe. In der es solche Szenen gibt, wie ich sie gestern in einem Supermarkt-Restaurant erlebt habe.

Sie sitzen sich kerzengerade an einem Tisch gegenüber. Er öffnet die im Supermarkt gekaufte Weinflasche, sie gabelt in einem Frischhalte-Tablett herum und führt das Aufgegabelte zum Mund. Er füllt zwei Gläser mit Wein. Sie isst und nippt, er nippt nur. Sie sitzen immer noch kerzengerade.

Sie findet nichts mehr, was sie aufgabeln kann. Er steht auf, geht zwei, drei Schritte und reißt zwei, drei Blatt Papier von einer Rolle ab. Er setzt sich wieder. Sie sagt etwas zu ihm. Er steht wieder auf, holt noch einmal zwei, drei Blatt Papier, die anderen zwei, drei Blatt Papier wirft er in einen Papierkorb. Sie sagt nichts zu ihm. Sie wischt sich die Finger ab und stopft die zwei, drei Blatt Papier unter die Frischhaltefolie. 

Dabei entdeckt sie noch etwas, was sie hätte aufgabeln können. Die Weinflasche ist inzwischen halbleer. Er schenkt wieder nach. Sie gibt ihm das Fundstück, das er sich in den Mund steckt. Sie verlangt noch einmal nach zwei, drei Blatt Papier, mit denen sie verschiedene Falt-Techniken probiert, bis die Weinflasche leer ist. 

Sie sitzen sich kerzengerade an einem Tisch gegenüber. Und wenn er nicht sieben Jahre vor ihr sterben würde, würden sie dort noch sieben Jahre länger sitzen. 

Montag, 20. September 2021

Alltägliches (131)

Schön rot. 
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Kein "Käfer" ohne Beifahrer

Vor 50 Jahren hat jede junge deutsche Frau, die einen VW "Käfer" fuhr, einen Freund gehabt. Nicht unbedingt, weil sie ihn liebte, sondern weil sie ihn im Winter zum Schieben brauchte und im Sommer, um das Seitenfenster rauf und runter zu kurbeln, damit man während der Fahrt keinen Hitzschlag bekam.  Wollte er sich als Belohnung für Schieben und Kurbeln bei der Frau einen Kuss abholen, musste er sich dermaßen verrenken, dass man damalige "Käfer"-Beifahrer heute noch an diversen Rückenleiden erkennt. 

Dennoch ist der "Käfer" Kult geworden und dem Hersteller nahm man auch den Werbespruch "Er läuft und läuft" nicht übel, denn damit war ja nicht das Auto, sondern der Beifahrer gemeint. Der letzte "Käfer" lief am 1. Juli 1974 vom Band, fast 12 Millionen Mal wurde er hergestellt.

Wer heute noch einen "Käfer" besitzt, hegt und pflegt ihn. Wie der Besitzer dieses hübschen Exemplars, das ich heute in Funchal fotografiert habe. Vielleicht ist der Besitzer auch Mitglied des "Volkswagen Madeira Clubs", der sich als "großartiger Treffpunkt für Besitzer und Unterstützer der deutschen Marke" versteht. 

Der VW Madeira Club bei Facebook.


Samstag, 18. September 2021

Alltägliches (130)

Die Taberna do Arieiro und
der Ortsbürgermeister.
Foto: Heinz-Peter Tjaden


Wein, Männer und Gesang

"O vinho grego é como o sangue da terra..."

Ich sitze vor der Taberna do Arieiro in der Morgensonne und blättere im "Jornal da Madeira". Die Melodie kenne ich doch, denke ich. In der Taverne pfeift jemand die Melodie mit.

Der Mann, dem ich täglich hier begegne und den ich gedanklich "den Ortsbürgermeister von Sao Martinho" nenne, ballt seine rechte Faust, um mich Faust an Faust zu begrüßen. Hut auf, Grinsen im Gesicht. Kurze Hose. Wie ein Zelt. "Bom dia." Dann Gespräche mit allen.

"E quando fico triste..."

Das Lied wird in der Taverne nicht mehr nur mitgepfiffen, sondern auch mitgesungen. Das Lied kenne ich wirklich. Udo Jürgens. "Griechischer Wein". Gesungen auf Portugiesisch.

"...é porque sempre sonhei com a minha casa."

Einer pfeift, einer singt, ich summe.

"...weil ich immer träume von daheim."