Samstag, 4. Juni 2022

Liebe Kinder (IV)

Sieht auch noch schick aus.

Keine Sorgen auf dem Laufrad

Wenn ihr mich in Funchal auf dem Rad seht, macht ihr euch keine Sorgen. Ihr seid begeistert, eure Eltern reagieren mit "Bicicleta". Und schon lernt ihr: Wer auf einem Rad unterwegs ist, darf sich keine Sorgen machen. Dazu gehört: Man muss dafür sorgen, dass man mit dem Rad nicht umfällt. 

Das lernt ihr am besten auf einem Laufrad. Kinderfahrräder mit Stützrädern findet ihr sicherlich auch nicht so spannend. Auf denen sehen Kinder aus, als würden sie es nie lernen. Wenn ihr aber mit einem Laufrad immer schneller werdet und dann eure Beine hoch nehmt, ohne umzufallen, dann wissen alle Erwachsenen: Ihr lernt schnell. 

Das kann man nicht von allen Erwachsenen sagen. Schaut euch doch einmal auf der Avenida do Infante die Autos an, die auf dem Bürgersteig stehen, wenn sich dort Erwachsene in einem Haus treffen, weil sie angeblich so klug sind. Die sind nicht einmal klug genug, um zu wissen, wie kleine Pflastersteine reagieren, wenn auf ihnen Autos stehen. Gestern habe ich dort ungefähr 100 Autos gezählt, die dicht an dicht nebeneinander standen. Die wiegen zusammen 1 400 Tonnen. Also soviel wie 5 000 Kinder. Ohne Laufrad.

Wenn ihr dort Laufräder ausprobiert, passiert dem Bürgersteig nichts. Er bekommt keine Löcher und keine Risse , er wird nicht rund.  Wenn dort so viele Autos parken, passiert dem Bürgersteig sehr viel. Das muss dann repariert werden. Kaum ist das passiert, findet wieder ein Treffen von Erwachsenen statt, die sich für klug halten. 

Liebe Kinder (V)

Freitag, 27. Mai 2022

Alltägliches (220)

Kapelle für eine Heilige,
die nie gelebt hat.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Über die christlichen Feiertage auf Madeira
 

Ab Ostern können auch die Kirchen mit den christlichen Feiertagen kaum noch etwas anfangen. In Deutschland muss trotzdem auch an diesen Tagen nicht gearbeitet werden. Je katholischer ein deutsches Bundesland ist, desto mehr christliche Feiertage gibt es. Da Madeira zu über 90 Prozent katholisch ist (die Tier- und Pflanzenwelt nicht mitgezählt), rechnete ich bei meinem ersten Besuch der Insel damit, dass ich mich rechtzeitig mit Lebensmitteln eindecken müsste, weil Weihnachten - wie es so schön heißt - vor der Tür stand. Doch auch Heiligabend waren die Supermärkte geöffnet. Mein "Feliz natal" ("Frohe Weihnachten") erregte mehr Verwunderung als  freundliche Erwiderung. Am ersten Weihnachtsfeiertag flog ich wieder nach Hannover. In der Küche des Hostels stand ein Aufsteller mit dem Hinweis, dass dieser Tag der Familie gehöre und deswegen müssten sich die Gäste um sich selbst kümmern.

Mein dritter Besuch fiel in die Osterzeit. Doch nicht einmal die Hinrichtung von Jesus konnte das Leben auf der Insel stoppen. Der Karfreitag, an dem in Deutschland nicht einmal öffentlich ein fröhliches Lied gesungen werden darf, war ein Tag wie jeder andere. Auch um das glimpfliche Ende der Hinrichtung kümmerte sich kaum jemand.

Deswegen dürfte es auch niemanden mehr verwundern, dass ich gestern ohne das deutsche Fernsehen gar nicht mitbekommen hätte, dass es nach Ostern noch einen christlichen Feiertag gibt, bevor mit Pfingsten auch in Deutschland ein Feiertag begangen wird, den niemand mehr erklären kann. Die einen sagen, das sei der Geburtstag der Kirche, die anderen sagen, das sei doch Unsinn, denn die Kirche habe es noch gar nicht gegeben, als die Jünger von Jesus plötzlich mehrere Sprachen beherrschten. Womit Pfingsten wohl der Geburtstag der Volkshochschulen in Deutschland wäre. 

Dafür aber werden auf Madeira immer wieder irgendwelche Figuren durch die Straßen getragen, die Heilige darstellen. Einer der Parks in Funchal ist sogar einer Heiligen gewidmet, die nie gelebt hat. Dennoch reichte es sogar für eine Kapelle im Katharinenpark.

Donnerstag, 19. Mai 2022

Alltägliches (219)

Plakatwerbung für den
Messias. Foto: Shishkoff

Warten auf den Messias?

Die Opposition im Parlament von Madeira benimmt sich so, als warte sie auf den Messias. Behauptet jedenfalls die rechte Sozialdemokratie über die linke Sozialdemokratie. Dazu kann ich nichts sagen. Ich warte in dem Haus, in dem ich wohne, nicht einmal auf die Putzfrau, die alle 14 Tage kommt. Ich mache so oft wie möglich sauber. So oft wie nötig schaffe nicht einmal ich.

Pedro Ramos will mehr für das Wohlbefinden der Bevölkerung tun. Beibringen will der Gesundheitsminister von Madeira  den Inselbewohnerinnen und -bewohnern auch, wie wichtig Hygiene ist. In unserem Haus sollte er mit der Aufklärung nicht anfangen, sonst wäre seine Mission schon im Caminho do Areeiro de Baixo 5 beendet. Aus lauter Verzweiflung. Verspotten lassen müsste er sich auch noch. Dass die linke Sozialdemokratie auf solch einen Messias wartet, würde wahrscheinlich nicht einmal die rechte Sozialdemokratie behaupten.

In Israel wird gerade auf Plakatwänden verkündet, wie man das Kommen des Messias´ beschleunigen kann. Die Botschaft lautet "Eine kleine gute Tat und er wird kommen". Diese Plakate sollten keinesfalls auch auf Madeira aufgehängt werden. Sonst würde die rechte Sozialdemokratie künftig auf jede noch so kleine gute Tat verzichten, um den linken Sozialdemokraten eins auszuwischen und was in unserem Haus geschehen würde, wage ich mir gar nicht auszumalen.  Vielleicht würde sich so mancher sogar häufiger die Hände waschen. Wegen der Unschuld.

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