Freitag, 23. Dezember 2022

Alltägliches (251)

Schön ist die Insel.
Foto: Heinz-Peter Tjaden
Über Madeira

Lasst uns reden. Über eine Insel, die ihre Schönheit aus ihrer Entstehung bezieht. Entstanden ist Madeira vor 18 Millionen Jahren in mehreren Phasen. Die Insel wurde im Laufe der Jahrmillionen immer größer, vor 740 000 Jahren wuchs Madeira besonders im Westen und Süden. Im Norden und Süden bildeten sich die Steilhänge. Funde deuten darauf hin, dass es erst vor 6450 Jahren aufhörte zu rumoren.

In der Politik ist das nicht der Fall. Dort rumort es bis heute. Auch auf Madeira können Sozialdemoraten das am besten, was sie schon immer am besten gekonnt haben: Sie streiten sich und zerfallen in die rechte und in die linke Sozialdemokratie.

Wenn die Rechten und die Linken auf der Gegenseite keine Schuldigen mehr finden, werden sie in Lissabon gesucht. Wenn man dem Regierungschef von Madeira, Miguel Albuquerque, glauben darf, gibt es in der portugiesischen Hauptstadt sogar Kolonialisten, die allzu gern die Insel unterwerfen würden.

Wer zu den Glückseligen gehört, fürchtet eben dummerweise immer, dass man ihm diese Glückseligkeit streitig machen will. Auch die Kanaren, die Kapverden und die Azoren werden zu den glückseligen Inseln gezählt. Ob man auch von diesen Inseln nur das obere Viertel sieht, weiß ich nicht. Auf Madeira ist das so. Zum Vulkansystem gehören Klippen, die bis zu 4 000 Meter in die Tiefe stürzen.

So ist das auch mit dem Gemüt der Menschen, die auf Madeira leben. Erst bei einem Vulkanausbruch erfährt man, was unter der Oberfläche brodelt. Darüber habe ich mich kürzlich mit einem Mann aus Lissabon unterhalten, den ich in einem Cafè traf. Er fragte mich, wie ich mich auf der Insel fühle. Da ich weder ein Philosoph noch ein Psychologe bin, fasste ich mich kurz.

"Man muss sich daran gewöhnen, dass viele auf der Insel keine seelische Mitte haben. Sie sind entweder obenauf oder wie am Boden zerstört."

Da auch mein Gesprächspartner, ein Mann um die 50 und mit Rucksack auf der Insel unterwegs, kein Philosoph oder Psychologe war, kam auch er gleich zum Wesentlichen.

"Und warum leben Sie seit fast zwei Jahren auf Madeira?"

"Wegen einer Frau", war die für ihn keinesfalls verblüffende Antwort meinerseits.

Auch diese Frau hat ihre Klippen. Sie überraschte mich am 14. September 2020 mit dem Geständnis "Ich beobachte dich". Sie fühle sich wie im "A la la la long" von Bob Marley und wundere sich so sehr über ihre Gefühle wie "Fools Garden" in "Lemon Tree".

In "A la la la long" beobachtet ein Mann eine Frau, Bob Marley singt "Girl I want to make you sweat, sweat `til you can´t sweat no more, and if you cry out I´m gonna push it some more."

Seit meiner Ankunft auf der Insel am 5. Januar 2021 hat mich diese Frau keinesfalls ins Schwitzen gebracht, unsere Begegnungen sind immer nur zufälliger Natur, meiner Frage, ob ich am 14. September 2020 etwas missverstanden habe, weicht sie bis heute aus.

In Deutschland würden diese beiden Lieder zu einer Liebeserklärung gehören, wie sie nicht schöner sein könnte. Ihr anschließendes Verhalten würde man als Angst vor der eigenen Courage bezeichnen.

Auch die Frau aus dieser Geschichte hat offenbar Angst vor der eigenen Courage. Möglicherweise gefällt sie sich inzwischen sogar schon so sehr in der Opferrolle, dass jedes Drama noch dramatischer sein muss als das vorherige. Lässt man sie – wie ich – kein Opfer sein und vertritt auch noch eine eigene Meinung, bricht der Vulkan aus – und als Mann steht man an einer Steilküste.

Aus meiner Erzählung "Dildos sind auf Madeira tabu"


Donnerstag, 15. Dezember 2022

Alltägliches (250)

Soeben bei
Amazon als e-book
erschienen.
Der Gast und der Hitlergruß

Wieder so ein Vorfall. Dieses Mal nicht in unserer Wohngemeinschaft, sondern in dem Lokal, das ich morgens besuche, um einen Kaffee zu trinken und das "Jornal da Madeira" zu lesen. Bevor ich den Wirt grüßen und meine Bestellung aufgeben kann, ruft mir ein Gast, den ich das erste Mal bewusst wahrnehme, "Heil Hitler!" zu. Weiß er etwa nicht, was für ein Verbrecher dieser Hitler gewesen ist? Weiß er ebenfalls nicht, dass er, wenn sich das in einer deutschen Kneipe zugetragen hätte, jetzt zumindest mit einer Geldstrafe rechnen müsste, denn in Deutschland ist dieser Gruß verboten? In Portugal oder auf Madeira nicht?

Vor dem Haus, in dem ich seit Februar 2021 wohne, habe ich mich kürzlich mit einer 29-Jährigen, der ich die Erzählung "Dildos sind auf Madeira tabu" gewidmet habe (auch als Print erhältlich), über Deutschland unterhalten. Sie kannte nicht viel mehr als einige Namen von Politikern, dazu gehörte auch Adolf Hitler. Ich versicherte ihr, dass solch ein Verbrecher in Deutschland nie wieder die Macht an sich reißen könnte, außerdem sei der Rechtsradikalismus in einigen anderen europäischen Staaten ein viel größeres Problem als in Deutschland. Sie hatte mich vor einiger Zeit als "verfickten deutschen Nazi" beschimpft, was sie inzwischen bedauerte. Auch nach Putin und die Deutschen fragte sie mich. Da ich keinen Vortrag halten wollte, beschränkte ich mich auf die Antwort "Das ist ein Kriegsverbrecher. Das sagen fast alle in Deutschland."

Mit ihr hatte ich mich auch schon einmal über Dildos unterhalten, die ihren Ausführungen zufolge auf Madeira tabu sind, in Deutschland aber nicht. Und beim Hitlergruß ist es umgekehrt?


Montag, 5. Dezember 2022

Medien 2022




CDU-Abgeordnete in Lissabon geboren und in Aachen aufgewachsen

Catarina dos Santos ist die erste portugiesisch-deutsche Abgeordnete im Bundestag und mit 27 Jahren die jüngste, die in dieser Wahlperiode von der Christlich Demokratischen Union (CDU) gewählt wurde.

„Es ist eine große Ehre“, sagte Catarina dos Santos gegenüber der Agentur Lusa. 1994 in Lissabon geboren, lebte sie praktisch ihr ganzes Leben im nordrhein-westfälischen Aachen. Erst im Alter von 20 Jahren schlug sie eine politische Laufbahn ein.

„Ich bin der Partei beigetreten, als ich mit dem Studium angefangen habe. Es war immer in meiner Freizeit, nichts Ernstes, ich wollte andere Dinge machen als studieren, andere Leute kennenlernen“, sagte sie  und fügte hinzu, sie habe sich für die CDU entschieden, weil sie „eine Partei für alle mit einer umfassenden Politik“ sei.

Jornal da Madeira, 9. Januar 2022

Niedrige Löhne

Portugal gehört zu den 13 Staaten der EU, in denen das durchschnittliche Bruttogehalt unter 1000 Euro liegt. Berichtet heute das Jornal da Madeira und beruft sich auf eine amtliche Statistik. Am wenigsten verdienen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bulgarien (332 Euro). Portugal liegt auf Platz 9 mit 823 Euro. Der Mindestlohn beträgt in diesem Jahr 823 Euro.

29. Januar 2022

Deutlicher Sieg

Die regierende Sozialistische Partei (PS) hat die Parlamentsneuwahl in Portugal überraschend deutlich gewonnen und die absolute Mehrheit der Sitze erobert. Die gemäßigte, eher sozialdemokratisch orientierte PS von Ministerpräsident António Costa erhielt am Sonntag gut 41,6 Prozent der Stimmen und kam damit auf mindestens 117 der insgesamt 230 Sitze in der Lissabonner "Assembleia da República", wie die Wahlbehörde mitteilte.

tagesschau, 31. Januar 2022

Aufbruchstimmung auf Madeira

Aufbruchstimmung auf Madeira, der portugiesischen Urlaubsinsel im Atlantik: Nun heißt es surfen, wandern, mit dem Gleitschirm fliegen! Junge Menschen aus ganz Europa zieht es auf die Insel mit dem milden Klima, um Urlaub zu machen oder um dort gleich ein neues Leben aufzubauen. Ein neues Insel-Image prägen auch junge Einheimische und Madeira-Rückkehrer mit ihren Ideen - und mit viel Elan.
Produktionsland und -jahr:

 

Für Katzen Kekse backen

Julia backt und verkauft Kekse, die Erlöse dienen der Sterilisation streunender Katzen auf Madeira. Mehr erfährt man auf der Facebook-Seite "O Mundo Animal da JuJu".

11. Februar 2022


Extrem sexistische Gesellschaft

Der Bloco de Esquerda hat am Internationalen Frauentag eine öffentliche Plakataktion zum Thema Belästigung von Frauen und Mädchen gestartet. Dazu heißt es in einer Pressemitteilung:  „Die Tatsachen sind  unbestreitbar. Wir beobachten weiterhin, dass jede dritte Frau Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Diese Art von Belästigung war die erste, die gesetzlich durch das Arbeitsgesetz bestraft wurde, aber das Verbrechen endete nicht. 

Seit 2015 ist Belästigung auf der Straße, im Volksmund als Piropo bekannt, ebenfalls eine Straftat. Die Kriminalisierung verhindert leider keine Kriminalität! Die Verhaltensweisen haben sich nicht geändert und stellen die Verkörperung einer extrem sexistischen Gesellschaft dar, die Missbrauch als normal ansieht und akzeptiert, aber auch alle diejenigen unterdrückt, die ihn anprangern, indem sie sie entweder wegstößt oder die Anzeigen abwertet oder sogar Kampagnen startet, um die Opfer zu diskreditieren.“ 

Jornal da Madeira, 8. März 2022

Erdbeben richtet keine Schäden an

Das portugiesische Institut für Meer und Atmosphäre (IPMA) hat heute Morgen ein Erdbeben der Stärke 3,5 auf der Richterskala etwa 45 km südlich von Câmara de Lobos registriert.

Das Beben wurde um 10:45 Uhr gemeldet.

Jornal da Madeira, 9. April 2022

Treffen in Hamburg

Miguel Albuquerque, Präsident der Regionalregierung, traf sich heute Morgen in Hamburg mit Henning Oldendorff, CEO von Oldendorff, einem der wichtigsten Kunden des Internationalen Schiffsregisters von Madeira (MAR) und einem der weltweit führenden Reeder.

Jornal da Madeira, 25. April 2022

Vier Siegchancen

Für die diesjährigen World Travel Awards ist Madeira in vier Kategorien nominiert: 

Europe's Leading Beach Destination, Europe's Leading Adventure Tourism Destination, Europe's Leading Festival & Event Destination und Europe's Leading Islands. Die Abstimmung findet bis zum 8. August auf der offiziellen Website statt.

Jornalda Madeira, 19. Mai 2022

Zu viel los

Blechlawinen, wild parkende Fahrzeuge, Menschenmassen: Probleme mit Touristinnen und Touristen, die auf Madeira nur drei Ziele kennen, beherrschen derzeit die Schlagzeilen. Regierungschef Miguel Albuquerque hofft, dass Reiseveranstalter und Reisebüros dazu beitragen können, dass nicht immer alle zur fast gleichen Zeit zum selben Berg oder zum selben Aussichtspunkt wollen.

Jornal da Madeira, 28. Mai 2022 u. a.

Student entdeckt Madeira

Ein Student hat die Insel erkundet. Mit seinem Video will er Werbung für die Insel machen.

Jornal da Madeira, 14. Juli 2022


Auch vor Funchal wird gebummelt

Mit gerade einmal drei Knoten dümpelt die „Seishu Maru“ seit Tagen zwischen Den Haag und Rotterdam auf der Nordsee. Das 288 Meter lange Schiff transportiert verflüssigtes Erdgas, kurz LNG, einen Energieträger, der seit Ausbruch des Ukrainekriegs Europa mit Strom und Wärme versorgen soll.

Die Nachfrage nach LNG ist entsprechend groß – und doch hat das Schiff keine Eile. Seefahrtexperten beobachten das Bummeltempo auch bei den LNG-Tankern „Grace Dahlia“ vor Funchal auf Madeira, der „Shinshu Maru“ nahe Portugal oder der „Rudolf Samoylovich“ vor der Einfahrt in den Ärmelkanal.  

Handelsblatt, 10. November 2022


Katholische Kirche versteckt Pädophile auch in Portugal

Die brasilianische Forscherin und Schriftstellerin Iara Lemos wirft der katholischen Kirche vor, Haiti zu benutzen, um religiöse Pädophile zu schützen, die Hunderte von Kindern im Land missbraucht haben, und als Zufluchtsort für „Pädophile aus aller Welt“ fungiert.

„Das von der katholischen Kirche geschaffene Schutzsystem umfasst Haiti, Brasilien, die Vereinigten Staaten, Portugal und mehrere andere Länder. Die katholische Kirche bedient sich eines kriminellen Schemas, um religiöse Menschen zu bewegen, Menschen zu verstecken und zu schützen, die der Pädophilie beschuldigt werden“, sagte er.

Jornal da Madeira, 27. November 2022

Ronaldos Insel

Cristiano Ronaldo, geboren und aufgewachsen auf der portugiesischen Frühlingsinsel Madeira, ist gemäß einer Vielzahl von Kriterien der erfolgreichste Fußballer aller Zeiten: Er hält den Weltrekord in Länderspieltoren, gewann als einziger Meisterschaften in England, Spanien und Italien und stieg schon im ersten Portugal-Spiel der laufenden Katar-WM zum historisch ersten Spieler auf, der in fünf WM-Endrunden traf.

Auch ist er der erste Mensch, der auf Instagram die Schallmauer von einer halben Milliarde Followern durchbrach. Offenbar ist nichts ästhetisch so konsensfähig wie die glatten Fotos seines abgeschrubbten trainierten Körpers an den Pools seiner diversen Villen. Eigentlich ist er nicht interessant.

Die Presse, 3. Dezember 2022