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Montag, 16. Januar 2023

Alltägliches (254 a)

Bei Bettlern beliebt: "Pingo
Doce" in Sao Martinho.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Ein Bettler mit Charme und schlechtem Gedächtnis

Er gehört also zu den charmanten Bettlern. Sein Charme beschränkt sich zwar auf ein paar englische Sätze und die Irrtümer, die ihm unterlaufen, sind immer dieselben, aber für mindestens eine Zigarette reicht sein Charme immer. Irrtum nicht ausgeschlossen. Denn einmal ist es ihm sogar gelungen, mir nicht nur eine Zigarette aus der Packung zu locken. Ich saß vor einem Lokal, als dies geschehen ist.

Wenn er mich sieht, gibt es für ihn kein Halten mehr. Ob ich nun stehe, sitze oder laufe, er überhäuft mich sofort mit Komplimenten. Er preist die Schönheit der Insel und meine Klugheit, mich für Madeira entschieden zu haben. Überall habe er mich schon gesehen, immer mit dem Fahrrad, oft mit einem Buch oder mit einer Zeitung in der Hand, ich sei ein sehr kultivierter Mensch, wie die Engländer eben so seien. 

Er könnte mich auch für einen Österreicher oder Schweizer halten, wichtig wäre für ihn nur: Auch dort wird geraucht. Und wenn sich vor einem Lokal die Gelegenheit ergibt, dann nimmt er auch die ganze Schachtel mit. 

Nur die Münze im Blick

Sonntag, 16. Oktober 2022

Alltägliches (240)

Schöne Augenblicke

Ich verstaue meine Einkäufe in meinem Rucksack, draußen vor dem Schaufenster steht die Frau, die mich mit zwei Liedern auf die Insel gelockt hat, sie vergleicht die Einträge in ihrem Smartphone mit den Einträgen in ihrem Notizbuch, von dem, was um sie herum geschieht, nimmt sie nichts wahr. Sie ist schöner denn je. Wir sind zwar kein Paar geworden, wir haben uns auch schon einige Wochen nicht mehr gesehen, aber ich weiß: Wenn ich nicht auf Madeira wäre, hätte ich diesen Augenblick verpasst.

Im Frühjahr hat er noch die Nummer 7 auf seinem kleinen Rücken getragen. Auf seinem Rad war er noch ein wenig wackelig, deswegen freuten sich seine Eltern, wenn ich mit meinem Rad stehen blieb, um den etwa Dreijährigen nicht zu gefährden. Gestern radelte er gar nicht mehr wackelig an mir vorbei, ich saß auf einer Mauer, er blickte sich so lange nach mir um, bis ich den Daumen hob, er grüßte mich mit einer Armbewegung und radelte weiter.

Sie öffnet den roten Umhang, ich gebe ihr einen Kuss auf die linke Brustwarze. Sie bedeckt ihre Brüste wieder, als wolle sie diesen Augenblick für immer bewahren. In ihren Augen lese ich tausend Geschichten, eine neue ist dazu gekommen.

Samstag, 4. Juni 2022

Liebe Kinder (IV)

Sieht auch noch schick aus.

Keine Sorgen auf dem Laufrad

Wenn ihr mich in Funchal auf dem Rad seht, macht ihr euch keine Sorgen. Ihr seid begeistert, eure Eltern reagieren mit "Bicicleta". Und schon lernt ihr: Wer auf einem Rad unterwegs ist, darf sich keine Sorgen machen. Dazu gehört: Man muss dafür sorgen, dass man mit dem Rad nicht umfällt. 

Das lernt ihr am besten auf einem Laufrad. Kinderfahrräder mit Stützrädern findet ihr sicherlich auch nicht so spannend. Auf denen sehen Kinder aus, als würden sie es nie lernen. Wenn ihr aber mit einem Laufrad immer schneller werdet und dann eure Beine hoch nehmt, ohne umzufallen, dann wissen alle Erwachsenen: Ihr lernt schnell. 

Das kann man nicht von allen Erwachsenen sagen. Schaut euch doch einmal auf der Avenida do Infante die Autos an, die auf dem Bürgersteig stehen, wenn sich dort Erwachsene in einem Haus treffen, weil sie angeblich so klug sind. Die sind nicht einmal klug genug, um zu wissen, wie kleine Pflastersteine reagieren, wenn auf ihnen Autos stehen. Gestern habe ich dort ungefähr 100 Autos gezählt, die dicht an dicht nebeneinander standen. Die wiegen zusammen 1 400 Tonnen. Also soviel wie 5 000 Kinder. Ohne Laufrad.

Wenn ihr dort Laufräder ausprobiert, passiert dem Bürgersteig nichts. Er bekommt keine Löcher und keine Risse , er wird nicht rund.  Wenn dort so viele Autos parken, passiert dem Bürgersteig sehr viel. Das muss dann repariert werden. Kaum ist das passiert, findet wieder ein Treffen von Erwachsenen statt, die sich für klug halten. 

Liebe Kinder (V)

Freitag, 29. April 2022

Alltägliches (214)

Leckeres Eis gibt es
auch. Foto: Tjaden

What a wonderful world

Ich könnte natürlich sagen, dass ich heute keinen Kaffee trinke. Mache ich aber nicht. Wenn ich mein Fahrrad abstelle, was in Funchal gar nicht so einfach ist, weil es kaum Fahrradständer gibt, wird der Kaffee bereits auf den Tisch gestellt. 

Wenn ich an einem Obststand Bananen kaufe, nimmt der Verkäufer mir die Worte aus dem Mund und weist sich selbst darauf hin, dass ich auf Plastikbeutel verzichte.

Auch die morgendlichen Tavernen-Besuche rund 400 Meter von dem Haus entfernt, in dem ich wohne, sind inzwischen Heimspiele für mich. Denn dass der FC Porto portugiesischer Fußballmeister wird, kann niemand mehr bezweifeln. Inzwischen kläre ich die Gäste über die erstaunlichen Leistungen von Eintracht Frankfurt in der Europa League auf. So wird man zum anerkannten Fußballexperten.

Mir geht es also gut auf Madeira. Besonders, wenn ich unterwegs für meine Artikel, Betrachtungen und Fotos gelobt werde und jeden Samstag im Internet den Verfall einer Wochenzeitung in der Region Hannover verfolge, den es während meiner Zeit als Redakteur nicht gegeben hat. Das lag nicht nur an mir. Aber auch. 

I see skies of blue and clouds of white. 

Montag, 14. Februar 2022

Alltägliches (194)

"Wow!" Foto: Tjaden
Trotz "Wow" immer noch sehr bescheiden

So bin ich nun einmal. Immer bescheiden. Sogar, wenn eine junge Mutter "Wow!" hinter mir her ruft, hebe ich nicht ab. Andere hätten schon längst ihren Freunden davon erzählt, die darauf mit der Frage reagiert hätten "Hast du nun wenigstens ihre Handynummer?" Habe ich nicht. Ich habe sie auch nicht danach gefragt. 

Das liegt aber nicht nur an meiner Schüchternheit. Sondern auch daran, dass sie diesem "Wow!" sofort das Wort "Bicicleta" hinzufügte. Denn ich war in dieser Szene, die sich soeben auf der Estrada Monumental zutrug, nur Staffage. Die Hauptperson war ihre Tochter, die sie auf den Armen trug. 

Dass Kinder auf Madeira Fahrräder mögen, ist mir schon länger bekannt. Noch nicht bekannt ist mir, was die Baustellen, die es auf der Estrada Monumental immer noch gibt, zu bedeuten haben. Einige sehen so aus, als sollten daraus Radwege werden. Das würde nicht nur die Kinder freuen. 

Samstag, 11. Dezember 2021

Alltag (167)

So schön ist Hannover.
Foto: Heinz-Peter Tjaden
(im Maschpark)

Ein längeres Gespräch über die Unterschiede zwischen Deutschland und Portugal

Diese Unterhaltung hat gestern länger gedauert als erwartet. In der Altstadt von Funchal hielt mich ein Mann, der Touristinnen und Touristen mit einem Tretmobil durch die Gegend kutschiert, wegen meines Fahrrades an. Das sei toll, meinte er, er habe auch so eins. Ebenfalls gekauft bei Decathlon in Sao Martinho. 

Die Unterhaltung verlängerte er mit der Frage, woher ich käme. Als ich "aus Hannover" antwortete, fragte er mich, ob diese Stadt in Deutschland liege. Ich erzählte ihm einiges über diese Stadt, die sehr schön sei, er rief auf seinem Smartphone eine Deutschland-Karte auf und stellte fest: "Liegt bei Hamburg."

Diese Antwort stellte mich zwar nicht ganz zufrieden, aber er hatte schon ein anderes Thema, einen Freund aus Düsseldorf, der Portugal möge, weil es dort weniger Regeln gebe. Das fand ich verständlich. Ich nannte ihm ein paar Beispiele für die Regulierungswut in Deutschland, die während der Corona-Pandemie noch gesteigert werde. Als ich auch noch die Bußgelder erwähnte, die bei Verstößen fällig werden, hielt er mich fast schon für einen Märchenerzähler. Ich beruhigte ihn. Die seien gelegentlich so hoch, dass sie kaum jemand bezahlen könne. Deswegen seien sie in vielen Fällen auch wirkungslos. 

Wenn ich während dieser Unterhaltung schon die Pressemitteilung  einer Polizeidienststelle aus Nordwestdeutschland gekannt hätte, hätte ich ihm auch noch ein Musterbeispiel dafür liefern können, wie man sich selbst belügen kann. Diese Polizeidienststelle berichtet über einen Kontrollgang durch über 100 Geschäfte, bei der Einhaltung der Regeln habe es nur einen Verstoß gegeben, die Geschäftsinhaber seien dankbar für die Kontrollen gewesen.

Das erinnert mich an den Witz über den Besuch eines Politikers in einer Nervenheilanstalt: Ein Irrer zieht eine Zahnbürste hinter sich her, der Politiker fragt ihn, ob das ein Hund sei. "Das ist eine Zahnbürste", widerspricht der Irre. Als der Politiker außer Hörweite ist, sagt der Irre zu der Zahnbürste: "Den haben wir aber ganz schön angeschmiert, Fiffi."

Dazu ein Beispiel aus der Anfangszeit der Corona-Pandemie. In meinem Lieblingscafé gibt mir die Kellnerin einen Zettel, auf dem ich meinen Namen, meine Adresse, meine Aufenthaltsdauer und die Tisch-Nummer notieren soll. Für den Zettel gibt es am Eingang einen Karton. Ich fülle den Zettel aus und überlege, welchen Sinn er macht. Im Internet finde ich diese Antwort: Er dient der Kontaktverfolgung.  Die Kontaktverfolgung dient der Unterbrechung der Infektionsketten. Nach drei Tagen sind die Zettel immer noch nicht abgeholt worden. 

Nun soll ich diesen Zettel bei der Kellnerin abgeben, die mich bedient hat. Sonst könne nicht sichergestellt werden, dass alle Gäste diesen Zettel ausfüllen. Das klappt aber nur einmal. Beim nächsten Besuch bittet mich die Kellnerin, den Zettel auf dem Tisch, an dem ich gesessen habe, zu hinterlassen. Die nächsten Gäste kommen und geben mir den Zettel: "Sie haben da was vergessen."

Eine Kollegin meiner Kellnerin will mir den Zettel nicht abnehmen, weil das gegen die Vorschriften sei, außerdem habe sie gleich Feierabend. Ich nehme den Zettel mit nach Hause und verfolge meine Kontakte ab sofort selbst. Vor dem Café habe ich seinerzeit übrigens drei Männer und zwei Frauen getroffen, die sich darüber unterhielten, dass sie sich seit gestern nur noch mit zwei Personen treffen dürfen. 

 

 



Freitag, 12. November 2021

Alltägliches (150)

Wo ist CTT geblieben?
Der Caminho do Areeiro de
Baixo ist eine Sackgasse.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Wenn der CTT-Postbote in der Sackgasse verschwindet

8. November 2021. Sackgasse bedeutet, dass man irgendwann nicht mehr weiter kann. Außer CTT-Autos. Wenn die in Sachen Express unterwegs sind, kennen die wohl keine Sackgassen. Und dann geschieht folgendes:

Ich verlasse kurz vor 14 Uhr unser Haus im Caminho do Areeiro de Baixo und schiebe mein Fahrrad bergauf bis zur Estrada Momumental. Dort setze ich mich in die Sonne und lese einen Roman, denn ich hoffe, dass  der dritte Zustellversuch für mein Amazon-Päckchen endlich klappt. Gegen 14.30 Uhr fährt ein CTT-Auto an mir vorbei in Richtung Camara de Lobos. Ich mit dem Rad hinterher.

"Ich habe nichts für Sie", versichert mir der CTT-Fahrer.

Ich radele nach Funchal, kehre kurz nach 18 Uhr zurück. Ich klicke meine Bestellung auf den Seiten von Amazon an, rufe die Sendungsverfolgung auf. Dort steht



Auch bei den ersten beiden Zustellversuchen sind mir Uhrzeiten für angeblich "vergebliche Zustellversuche" genannt worden, die nicht stimmen können. Wäre der CTT-Express-Fahrer um 14.01 Uhr vor unserem Haus gewesen, hätte er mir begegnen müssen: Entweder, als ich das Haus verlassen habe, oder, als ich mein Rad nach oben schob, oder, als ich an der Ecke Caminho do Areeiro de Baixo/Estrada Monumental  in der Sonne saß. 

Wer in das Suchfeld dieses blogs CTT eingibt, wird feststellen, dass ich nicht zum ersten Mal Ärger mit diesem Unternehmen habe. 

12. November 2021. Ich habe meine Sendung am 10. November 2021 bei der CTT-Poststelle in Sao Martinho abgeholt. Den Empfang bestätigte ich per Unterschrift, Amazon informierte ich per mail. Heute klickte ich bei Amazon die Sendungsverfolgung an und staunte dort über diese neue Nachricht:


  

Samstag, 11. September 2021

Alltägliches (127)

Mein neues Fahrrad.
Aus dem Schlagloch in die Kirche

Der Taxifahrer schaut nach links, zeigt nach oben: "Dort ist Decathlon Sao Martinho." Ich stimme ihm zu. Er wendet auf der Estrada Monumental und biegt in eine Straße ab, die steil hinauf führt. 

"Ist ziemlich groß", sagt der Taxifahrer.

"Stimmt. Ich habe dort vorige Woche ein Fahrrad bestellt. Mein altes ist kaputt. Jetzt hole ich das Fahrrad ab."

"Haben Sie keine Angst, dass Sie vom Rad fallen könnten?"

"Nein."

"Aber einige Straßen auf Madeira sind sehr schlecht."

Ist mir bekannt. Aber in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, kann man von Straßen manchmal gar nicht mehr sprechen. Das sind eher Schlaglochsammelstellen. Der Taxifahrer merkt, dass mich nichts erschüttern kann, und sagt, dass er ebenfalls gern mit dem Rad unterwegs sei. Aber nur in flachen Gegenden. Ich empfehle ihm Hannover

"Dort ist es flach und man kann gut mit dem Rad fahren."

Sehr begeistert ist er nicht. Statt dessen scheint er sehr begeistert von der Kirche in Sao Martinho zu sein, die links oben steht. Sieht er mich dort schon in einem Sarg liegen, während die Gemeinde meinen Sturz vom Fahrrad mit Todesfolge beweint?

Meine erste Fahrt mit dem neuen Rad gestalte ich nach dem Motto "Runter kommt man immer". Das Häusermeer öffnet sich für den Atlantik, ich werfe von der Straße aus einen Blick in das Stadion von Maritimo und trinke im Supermarkt "Pingo Doce" einen Kaffee. Ein Mann spricht mich auf mein neues Rad an, bevor ich weiterfahre, sagt er: "Gott schütze dich." Nicht nur Begeisterung, auch Ermutigung sieht anders aus. 

Samstag, 4. September 2021

Alltägliches (LXXIV)

Mein nächstes Rad.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Hinter den sieben Bergen Rad gekauft

"Ihre Fahrradmarke wünscht Ihnen gute Fahrt und legt Ihnen ans Herz, unterwegs die Umwelt in Feld, Wald, Gewässer und Flur zu schützen." Aber sicher, liebe Fahrradmarke "Licorne Bike", die Umwelt wird von mir geschützt, denn ich muss seit mehr als einer Woche wieder zu Fuß gehen oder mit dem Bus fahren. Euer Bike hat nämlich kein halbes Jahr gehalten und einen Umtausch habt ihr abgelehnt. Bei dieser Gelegenheit gabt ihr mir sogar noch mit auf den Fußweg, dass ich nichts Negatives über euer so genanntes "Qualitätsfahrrad"  veröffentlichen sollte. Mach ich nicht. Denn auf euer Bike wollt ihr nicht einmal eine Garantie geben. Das ist doch nun wirklich positiv genug.

Wie oft ich in der Licorne-losen Zeit gefragt worden bin, warum ich nicht mit dem Rad unterwegs bin, kann ich schon nicht mehr zählen. Muss ich auch schon bald nicht mehr. Denn heute bin ich bei Decathlon in Sao Martinho gewesen. Das ist hinter den sieben Bergen, aber trotzdem mit der Buslinie 8 zu erreichen. In einer riesigen Halle wird alles angeboten, was man für Radtouren so braucht. Dazu gehören selbstverständlich auch Fahrräder, die sehr preiswert sind. 

Ich fand mit Hilfe eines jungen Verkäufers schnell ein passendes, das ich in einer Woche hinter den sieben Bergen abholen kann. Ich bin schon immer gern mit dem Rad unterwegs gewesen, in der Region Hannover sogar bei Wind und Wetter, also auch bei Eis und Schnee. Auf 30 Kilometer am Tag brachte ich es immer. 

Da das Haus, in dem ich wohne, und das Zentrum von Funchal gut 10 Kilometer auseinander liegen, hat sich meine Leistung auf Madeira nicht verschlechtert. Nur am Wochenende radele ich meistens nach Camara de Lobos. Ich liebe dieses Fischerstädtchen.


Montag, 7. Juni 2021

Alltägliches (XXXIV)

Handelt sie auch mit
Zitronen? Foto: Tjaden
Palmen auf Uferpromenade statt Lemon Tree in Fools Garden

Der Chef der portugiesischen Sozialisten António Costa, der trotzdem auch als Cristiano Ronaldo unter den Sozialdemokraten Europas gilt, hält Madeira für schwierig, wenn es um die Politik geht. Aus Touristen Bürger der Insel zu machen, scheint dagegen zumindest einer Mitarbeiterin der Touristik-Branche leicht zu fallen. Aus dem Fools Garden mit Lemon Tree hat sie mich zu den Palmen auf der Uferpromenade in Funchal geführt. 

Jüngst hat sich eine deutsche Wochenzeitung mit der Wirkung von Musik beschäftigt, denn Musik kann etwas, was keine andere Kunstrichtung so gut kann. Sie kann Gefühle wecken, kann Erinnerungen wach werden lassen und schon sitzt man da und summt "Try to remember of love in september" oder man singt dieses Lied sogar laut, denn auf Madeira wird viel gesungen. 

Im September vorigen Jahres wäre ich eigentlich gar nicht zum sechsten Mal auf der Insel gewesen. Denn ich wollte im Juni die EURO 2020 auf Madeira erleben, als feststand, dass Portugal und Deutschland in einer Gruppe spielen. Doch das Turnier wurde wegen Corona verschoben. Also kam ich im September. Besagte Mitarbeiterin der Touristik-Branche gestand mir - als ich ihr erzählt hatte, dass ich mit dem Gedanken spiele, beim nächsten Mal für immer zu bleiben -, dass sie mich beobachte wie Bob Marley in dem A-la-la-la-Song.  Und zitierte sogleich aus dem Song "Lemon Tree" von Fools Garden "I wonder high, I wonder why". 

Wen ich danach auch fragte, alle hielten das für ein Signal-das wir allerdings wohl alle missverstanden. Denn seit ich auf der Insel bin, gab es nur eine kurze Begegnung mit ihr, dann ging sie ihrer Wege, wahrscheinlich um sich darüber zu freuen, dass sie als Mitarbeiterin der Touristik-Branche es sogar geschafft hatte, aus mir einen Bürger zu machen.

Nun bin ich seit über 100 Tagen ununterbrochen hier. In der Politik gelten 100 Tage als Bewährungsfrist für eine neue Regierung, in der die Neuen geschont werden. Ich habe Madeira nicht geschont. Mich auch nicht. Ich habe mir so schnell wie möglich ein Fahrrad gekauft.  


Mittwoch, 19. Mai 2021

Alltägliches (XXVIII)

Fußgängerinnen und Fußgänger lieben Radwege

Die werden auf Madeira beim Straßen- und Wegebau oft vergessen: Radwege. Bei meinen Radtouren von Sao Martinho in die City von Funchal steht mir nur einer zur Verfügung. Und den muss ich auch noch teilen. Mit Frauen und Männern, die auf der Estrada Monumental  zu Fuß unterwegs sind, aber  von Fußwegen nichts halten. 

Die Zweiseitige.
Sie geht schön mittig, damit nicht nur Radfahrer, die von vorne, sondern auch Radfahrer, die von hinten kommen, auf den Fußweg ausweichen müssen.








Die Einseitige.
Sie ist eine eher entgegenkommende Fußgängerin.










Die Mehrseitigen.
Für diese Gruppe führen alle Wege in die City.  


Samstag, 15. Juni 2019

Die vierte Reise (VI)

"Das ist ein Fahrrad"

Die Kinder auf Madeira tänzeln gern herum, spielen Fußball, schaffen erstaunliche Kunstwerke und beweisen bei Tests ungewöhnliche mathematische Fähigkeiten, sie können also vieles, nur mit Fahrrädern können sie nichts anfangen. Die Mädchen scheinen sich dafür gar nicht zu interessieren, die Jungs machen große Augen. 

Ich stehe mit meinem Bike vor einer Ampel, der Junge vor mir windet sich in den Armen seiner Mutter, bis er nach hinten schauen kann, seine braunen Augen mustern jeden Zentimeter meines Fortbewegungsmittels, dann verlangt er Auskunft von seiner Mutter. 

"O que é aquilo?"

"Esta é uma bicicleta", antwortet sie.

Der Junge windet sich noch einmal nach hinten und schaut nun mich an. 

Ein paar Meter weiter ist ein anderer Junge so fasziniert von meinem Fahrrad, dass er an der Hand seiner Mutter immer mehr in Schräglage gerät. Bevor der Kleine umfällt, biege ich rechts ab.