Montag, 29. April 2019

Cliente Seguinte (III)

Für die Neugierigen

26. April 2019. Sie möchten gern wissen, wie die Geschichte weitergeht? Das erfahren Sie aus dem e-book, das soeben bei Amazon im Kindle-Shop erschienen ist. Die Print-Ausgabe erscheint in wenigen Stunden.

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Cliente seguinte (I)

29. April 2019. In zwei Kategorien liegt das e-book schon unter den ersten 100. Als Print belegt die liebe Geschichte Platz 105. 

Sonntag, 21. April 2019

Cliente Seguinte (II)

In der alten Stadt. 
Gespräch mit dem Wäscheständer

Seit gestern habe ich endlich wieder ein Bike. Fußgängerinnen und Fußgänger genießen allerdings Vorzüge. Sie laufen kreuz und quer, bleiben plötzlich stehen und unterhalten sich, wie sich in Deutschland früher Maurer Steine zugeworfen haben. Jeder Satz wird wiederholt, bis auch der Letzte weiß, was Thema ist. In Gruppen auf den Bürgersteigen stehen, kann man nicht. Dafür sind die meisten zu schmal. Man muss Schlangen bilden. Nur nicht vor den Ampeln. Um die kümmert sich niemand. Bleibt wider Erwarten jemand stehen, weil die Ampel für Fußgänger Rot zeigt, warten die Autofahrerinnen und Autofahrer, bis auch der Stehende zum Laufenden wird.

Als Biker gehört man zu den Attraktionen der Insel. Wie die Kirchen, Museen und Denkmäler. Täglich steht ein Mann vor der Kathedrale Se und spendet mir Beifall. Bei meinen ersten beiden Besuchen noch unverletzt, doch seit heute ist seine linke Hand bandagiert. Doch dafür kann ich nichts. Er scheint mir auch nicht gram zu sein. Ich radele weiter. Viele Wege führen mich in den ältesten Teil von Funchal, denn dort gibt es einen vorzüglichen Bäcker. Man kennt mich bereits. Ich aber kenne noch längst nicht alles. Das weiß seit gestern auch ein Ehepaar aus London.

"What ist this?", fragt mich der Mann und blickt wie ich durch eine Gittertür in einen verwilderten Innenhof. Ich hätte ihm gern auf Portugiesisch geantwortet, damit er mich weiter für einen Einheimischen hält, allein, mir fehlen immer noch die Sprachkenntnisse für eine solche Tarnung meiner Unwissenheit. Darüber wird mit Carolina noch zu sprechen sein.

Doch erst einmal spricht sie mit dem Wäscheständer und sieht mich kein einziges Mal an. "You are okay, Peter", sagt sie. Am zweiten Tag meines ersten Aufenthaltes. Sie huscht davon. Ich schaue mir die Wäsche an. Ich finde keinen Peter. Sie muss also mich gemeint haben.

Warum fällt mir dazu ein Satz von Hermann Hesse ein? Karfreitag bei einer Radtour durch Funchal. Dieser Satz muss notiert werden, denn von Carolina ist er am 18. Dezember 2018 widerlegt worden. In einem Supermarkt kaufe ich mir einen Block. Dann knie ich vor einer Steinbank. "Allem Anfang wohnt ein Zauber inne", notiere ich.

Das habe ich schon erzählt: ZDF, Reportage über Madeira, Buchung, Flug, Landung in Funchal gegen 11 Uhr. 20 Grad Temperaturunterschied. Die Taxifahrt dauert knapp 30 Minuten. Enge Gasse, Hostel, Frau, die mir mitteilt, dass mein Zimmer noch nicht frei ist. "14 Uhr", sagt sie. Ich mache einen Spaziergang durch Funchal. Verirre mich. Niemand kennt das Hostel, auch das in der Nähe stehende Rathaus ist allen unbekannt.

Gegen halb drei finde ich das Hostel doch noch wieder. Die Frau schnappt meine Siebensachen, schleppt sie in den ersten Stock, bringt sie in ein Zimmer mit zwei Hochbetten. Weg ist sie. In welchem Bett ich schlafen soll, weiß ich nicht. Das weiß Felix, ein Dauergast aus Aachen. "Du schläfst unten in dem Bett neben der Tür. Ein Freund von mir schläft dafür oben."

Dieser Freund, erfahre ich am nächsten Tag beim Frühstück, kommt aus Frankfurt und ist wissenschaftlicher Assistent an der Universität in Darmstadt. Ich bedanke mich bei ihm für das Bett unten neben der Tür. "Felix hat gesagt, dass du sein Freund bist." Er schaut mich an. "Wer ist Felix?"

Am Abend schreibt mir die Frau ihren Namen in mein Notizbuch. Carolina. Der Wäscheständer weiß inzwischen, dass ich ganz okay bin. Einen solchen Urlaubsbeginn habe ich noch nie erlebt. Ich lege in Funchal noch alle Strecken zu Fuß zurück und buche am ersten Weihnachtstag meinen zweiten Aufenthalt. Carolina hebt den Daumen. Das macht sie immer, wenn ihr mein Verhalten gefällt.

Teil 1

Teil 3 

Donnerstag, 18. April 2019

Cliente Seguinte (I)

Carolina - lieber unlogisch

Wenn Frauen unlogisch sind, dann ist sie die Erfinderin dieser Eigenschaft. "Du musst obrigado sagen", ruft sie mir im Vorübergehen in ihrem Hostel zu und bedankt sich bei mir an den folgenden Tagen mit "thank you". Also wechsele ich zum Englischen, worauf sie mit Portugiesisch reagiert. Wieder tagelang. 

Nebenbei bringt sie mir auch noch bei, dass ich "obrigado" sagen muss, weil ich keine Frau bin. Da sie eine sei, sei ihr "obrigada" vorbehalten. Das kann ich mir bei meinem ersten Besuch in Funchal merken, obwohl Carolina, so  heißt die vermeintliche Erfinderin der Unlogik, bis zu meiner Abreise nur noch Englisch mit mir spricht.  

Die Kassiererin im Supermarkt, die auf dem Display durch ihre Brille nur die Summe sieht, die ich bezahlen muss, spricht dagegen immer Portugiesisch, und da ich mir "obrigada" gemerkt habe, freut sie sich wohl heute noch über eine neue Kundin im Supermarkt. Ob sie zum Bekanntenkreis von Carolina gehört, weiß ich nicht. Vermute ich aber. Denn irgendwann antwortet sie mit "obrigado". Im Schaufenster des Supermarktes überzeuge ich mich nach diesem Einkauf davon, dass ich immer noch ein Mann bin. Wer weiß schon, was Carolina so alles mit mir anstellt, während sie mir Nachhilfe in Portugiesisch verspricht, um anschließend Englisch zu sprechen.

Im Zweiten Deutschen Fernsehen wird Anfang Dezember 2018 noch durchgehend Deutsch gesprochen. Ich schalte meinen Fernseher ein, fantastische Bilder fesseln  mich an mein Sofa, bis die Reportage über Madeira beendet ist. Unverzüglich buche ich eine Reise, finde im Internet ein Hostel und ahne nicht, dass Carolina auf mich zukommt. Der Zufall sei der Schnittpunkt zweier Notwendigkeiten, hat ein weiser Mann gesagt. Hätte er die vermeintliche Erfinderin der Unlogik schon gekannt, als ihm dieser Satz einfiel - dann: wäre ihm dieser Satz nie eingefallen. Denn diese Frau kann kein Zufall sein.

Geboren ist sie in Santa Cruz. Erzählt sie mir bei meinem dritten Aufenthalt in ihrem Hostel. "Near the airport", sagt sie. Diese Information gebe ich abends an andere Gäste weiter. Eine Niederländerin, die der Unlogik wohl nicht so mächtig ist wie Carolina, fragt mich, ob unsere Gastgeberin in einem Flugzeug zur Welt kam. Das glaube ich nicht. Denn Landungen auf dem Flughafen von Madeira sind zu jener Zeit wegen der Fallwinde noch gefährlich gewesen, und eine Mutter, die solche Kinder wie die vermeintliche Erfinderin der Unlogik bekommt, würde kein Risiko eingehen. Heute gibt es eine neue Landebahn, die ins Meer ragt, aber Carolina lässt sich trotzdem nicht wiederholen.

Also halte ich fest: Carolina ist in Santa Cruz einmalig geboren. In diesem 500 Jahre alten Ort lebt man von der Landwirtschaft und von der Fischerei, einige wenige von touristischen Dienstleistungen - aber nur eine Einwohnerin kommt in dieser Geschichte vor, die mir gelegentlich über die Schulter schaut. Ursprünglich lautet der Beginn dieser Geschichte so: "Sie streichelt den Boden des Hostels nicht mit ihren Füßen, sie zeigt ihm, dass sie da ist." Ein Übersetzungsprogramm macht daraus: "Ela nao acariciou o chao com os pes, ela mostra que ela esta la."

Carola liest diesen Satz und sagt: "I need more sentences." Portugiesisch scheint mir das nicht zu sein. Aber immerhin hält sie es für möglich, dass dieser Satz auf Deutsch ganz gut klingt. Gerade eben hat sie sich noch darüber gefreut, dass ich eine Geschichte schreibe - nun vergisst sie, dass zu mehreren Sätzen in einer Geschichte auch der erste gehört. Was in diesen Augenblicken mit ihrem Gesicht geschieht, lese ich am liebsten von ihren Augen ab, die sich in Sekundenbruchteilen von strahlend schön in skeptisch prüfend wandeln, und nie muss ich lange darauf warten, dass sie sich umdreht und geht, um fröhlich zurück zu kehren.

Wie vor wenigen Sekunden. Sie liest den ersten Satz, also den neuen. "Translate in english", sagt sie. Mache ich.  "If Women are illogical, then she is the Inventor of this Trait." Sie zieht ihre Augenbrauen hoch. "Peter, Peter", sagt sie und geht. Ich stecke meine Zigarette wieder an, obwohl sie rauchen für schädlich hält.

Cliente seguinte (II)

Die dritte Reise (VI)

Diario de 
Noticias, 18. 4. 19
Madeira trauert

Plötzlich gibt es im Hostel nur noch ein Thema: Bei Funchal ist ein Touristenbus von der Straße abgekommen, der Bus stürzte einen Abhang  hinunter, in den ersten Meldungen ist von 28 Toten die Rede. Handys klingeln, Verwandte, Bekannte aus Deutschland melden sich bei den Hostelgästen. Auch über Facebook.

Die Lokalzeitung "Diario de Noticias" berichtet am nächsten Tag auf fünf Seiten. Der Gouverneur von Madeira ordnet drei Tage Trauer an.

Dienstag, 16. April 2019

Die dritte Reise (V)

Großartig 
Mail von Projecto ante portas


Jose Maria Montero info@arteportasabertas.com über gmail.com 

Mo., 15. Apr., 21:49 (vor 14 Stunden)
an mich
 
Nachricht übersetzen
Deaktivieren für: Englisch
Grateful......

El lun., 15 abr. 2019 a las 18:01, Heinz-Peter Tjaden (<heinzpetertjaden02@gmail.com>) escribió:
NomeHeinz-Peter Tjaden
Emailheinzpetertjaden02@gmail.com
Assuntovisit in funchal
Mensagemi make many Fotos in funchal. http://madeiranowordsneeded.blogspot.com

Sonntag, 14. April 2019

Die dritte Reise (IV)

Carolina hat viele Stammgäste.
Albert ist wieder da und Felix kommt noch

Unsere Sitznachbarin aus den Niederlanden glaubt, dass wir uns verabredet haben. "Haben wir nicht", versichern wir ihr. "Reiner Zufall."

Albert aus Köln habe ich zum ersten Mal im Dezember im 29 Madeira Hostel in Funchal getroffen. Nun ist er zum zweiten Mal hier, ich zum dritten Mal. Der Spruch "Wer einmal auf Madeira war, kommt wieder" stimmt also.

Denn: Auch Felix aus Aachen, den ich hier ebenfalls im Dezember kennengelernt  habe, kommt nächste Woche wieder. 


Samstag, 13. April 2019

Die dritte Reise (III)

Tolle Tür. Foto: Tjaden
An einem Stand der Zeugen Jehovas und auf einer Tür: Feliz Familia

In Funchal machen sich die Zeugen Jehovas auf seltsame Weise unsichtbar. Überall gibt es die Stände mit Werbung. Aber aus dem Schatten der Palmen kommen die Werbetreibenden erst, wenn man versucht, die neuesten Sprüche zu lesen. Der aktuelle Werbespruch heißt "Feliz Familia". Da ich die Vorstellungen dieser Sekte über Glück nicht teilen kann, habe ich mich mit einem Blick im Vorübergehen begnügt. 

Stehen geblieben bin ich aber in der alten Stadt von Funchal vor einer Tür, auf der es ebenfalls um "Feliz Familia" geht. Ich habe sogar ein Foto gemacht. Das sehen Sie links.

Mittwoch, 10. April 2019

Die dritte Reise

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Wer zuerst schreit gewinnt

Osterbräuche sind im „christlichen Abendland“ überall verbreitet. Und da Ostern für die Madeirenser ein wichtiges Fest ist – wenn auch nicht mit Weihnachten oder Mariä Himmelfahrt zu vergleichen – stößt man auch hier auf Osterbräuche. Zum Beispiel auf das Kinderspiel „Balamento“, für den Nicht-Eingeweihten zunächst völlig rätselhaft. Dabei sind die Regeln ganz einfach. 

Balamento spielt man an den zehn Tagen vor Ostern, und man spielt es zu zweit. Zwei Spieler verabreden sich also etwa vierzehn Tage vor dem Fest, in diesem Jahr miteinander zu spielen. An jedem Tag wird ein Punkt vergeben. Derjenige Spieler gewinnt, der – sobald er den anderen sieht – als erster „Balamento“ ruft. 

So kreischt der kleine Bruder früh morgens die grosse Schwester aus dem Bett, so schreit aber auch die fast erwachsene junge Dame in ihr Handy, um der Freundin zuvorzukommen. Und Tricks sind erlaubt: ein Balamento-Geschrei hinter dem Busch, von wo aus der Spieler zwar den Partner sieht, aber nicht von ihm gesehen wird, ist durchaus regelrecht. 

Jeden Tag wird das Ergebnis festgehalten. Und wer am Ostersonntag punktemäßig unterliegt, muss dem anderen Spieler die entsprechende Anzahl Zuckermandeln schenken. Der Hintergrund des Spiels liegt in dem frommen Brauch, an den Tagen vor Ostern zu fasten. Süßigkeiten wurden erst wieder am Ostersonntag verzehrt – und beim Balamento konnte man sich schon darauf freuen. Warum es aber „Balamento“ heisst, darauf wissen die Madeirenser keine Antwort mehr.