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Dienstag, 21. Juni 2022

Alltägliches (222)

Diesen Besen habe ich 
kürzlich entsorgt.
Die werden nie erwachsen

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Aber nicht in der Wohngemeinschaft, in der ich auf Madeira lebe. Zu meinen Freundschaftsdiensten gehört die Sauberkeit im Haus, die zwar nicht leicht aufrecht zu erhalten ist, aber ich gebe mir jeden Morgen die größte Mühe. Dafür habe ich jüngst zwei neue Besen gekauft. Den einen habe ich in den Waschmaschinenraum gestellt, den anderen auf meinen Balkon. Eine Woche später gibt es diese Besen nicht mehr. Der aus dem Waschmaschinenraum ist kaputt, die Einzelteile hat jemand auf dem Hof verstreut,  der andere ist von meinem Balkon gestohlen worden. 

Für den Diebstahl von meinem Balkon kommt nur einer infrage. Ich habe ihn soeben im Treppenhaus zur Rede gestellt. Er bekam seine Zähne nicht auseinander und verschwand wieder in seinem Zimmer. Das ist typisch für diese Wohngemeinschaft. Alle benehmen sich wie die kleinen Kinder, die sich die Augen zuhalten, wenn sie etwas angestellt haben, weil sie meinen, dass sie nicht gesehen werden können, wenn sie selbst nichts sehen.

Weitere Informationen über diese Wohngemeinschaft 

Donnerstag, 26. August 2021

Alltägliches (LXXIII)

Bekommt keinen Stich mehr.

Liebe Mosquitos*innen,

nun bekommt ihr keinen Stich mehr. Seit heute gibt es auf meinem Balkon ein raffiniert gesponnenes Spinnennetz, das euch am Weiterflug in mein Zimmer hindern wird. Mir egal, wie viele eurer Männer zu euren Beerdigungen kommen. Sie hätten besser auf euch aufpassen sollen. 

Wo ich auch gehe, stehe, sitze und liege, sobald ich auf Madeira bin, summt ihr um mich herum. In wenigen Minuten sehen meine Beine und Arme aus wie eine Hügellandschaft, auf meinem Rücken bilden sich sogar kleine Berge, sobald ich mich schlafen lege, bilde ich mir ein, dass ihr von mir mehr Haut fordert. 

Wenn Fliegen um mich herum summen, bis sie auf mir landen, juckt mich das nicht. Ihr wisst schon, warum. Deshalb habe ich mit der Spinne vereinbart, dass wir gemeinsam Fliegen, die ihr ins Netz gehen, gleich wieder befreien. Dieses Entgegenkommen könnt ihr von uns nicht erwarten. 

Man hat mir erzählt, dass Madeira bereits vor Jahren den Kampf gegen euch aufgegeben hat. Aber nun habe ich eine Spinne auf dem Balkon und ihr seid nur noch Mahlzeiten.

Falls ihr mich nicht ernst nehmen solltet, weil ihr in der Überschrift Gender-Sprache vermutet, dann sei euch gesagt: Mit dem Sternchen will ich nur das Wörtchen "innen" betonen.  



Montag, 23. August 2021

Alltägliches (LXXI)

Hier stellt mein Nachbar
seine Wäsche aus.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Todeskampf auf fröhlicher Insel

Dies ist der zweite Bericht über unsere Wohngemeinschaft (drei Frauen, drei Männer, der Professor wohnt schon lange nicht mehr bei uns). Das Haus hat zwei Stockwerke, oben wohnt eine ältere Dame, mein Balkon-Nachbar ist ein junger Mann (grußloser Künstlertyp, niemand geht an den anderen schneller vorbei als er, alle trocknen ihre Wäsche auf dem Hof, er auf seinem Balkon). 

"Die Wände sind wie aus Pappe", hat gestern Abend in einem Fernsehkrimi eine Frau zu einem Mann gesagt. "Man hört hier jedes Geräusch." Diese Pappe ist auch bei unserem Haus verwendet worden. Besonders gut hört man jedes Geräusch aus dem Treppenhaus. 

Auch eines Morgens. Jemand röchelt. Die ältere Dame aus dem ersten Stock? Ich greife nach meinem Handy. Die Notrufnummer in Portugal lautet 112. Ich öffne meine Zimmertür. Mein Daumen berührt schon die 1. Doch das Röcheln kommt gar nicht aus dem ersten Stock.  Das Röcheln kommt aus dem Smartphone meines Balkon-Nachbarn.  Der Tod der Sängerin ist wohl nicht mehr zu vermeiden. 

Bei den Opern, die ich kenne, dauert sowas mehr als fünf Minuten. Moderne Opern dagegen kenne ich überhaupt nicht. Die scheinen nicht nur mit Todeskämpfen zu enden, sondern auch zu beginnen. Das Gejammer von nebenan hört jedenfalls nicht auf. Dann der Schock. Nun singt auch mein Nachbar. Ich schalte mein Radio ein. Eine Geige weint-und ich habe Madeira für eine fröhliche Insel gehalten.