Freitag, 27. Mai 2022

Alltägliches (220)

Kapelle für eine Heilige,
die nie gelebt hat.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Über die christlichen Feiertage auf Madeira
 

Ab Ostern können auch die Kirchen mit den christlichen Feiertagen kaum noch etwas anfangen. In Deutschland muss trotzdem auch an diesen Tagen nicht gearbeitet werden. Je katholischer ein deutsches Bundesland ist, desto mehr christliche Feiertage gibt es. Da Madeira zu über 90 Prozent katholisch ist (die Tier- und Pflanzenwelt nicht mitgezählt), rechnete ich bei meinem ersten Besuch der Insel damit, dass ich mich rechtzeitig mit Lebensmitteln eindecken müsste, weil Weihnachten - wie es so schön heißt - vor der Tür stand. Doch auch Heiligabend waren die Supermärkte geöffnet. Mein "Feliz natal" ("Frohe Weihnachten") erregte mehr Verwunderung als  freundliche Erwiderung. Am ersten Weihnachtsfeiertag flog ich wieder nach Hannover. In der Küche des Hostels stand ein Aufsteller mit dem Hinweis, dass dieser Tag der Familie gehöre und deswegen müssten sich die Gäste um sich selbst kümmern.

Mein dritter Besuch fiel in die Osterzeit. Doch nicht einmal die Hinrichtung von Jesus konnte das Leben auf der Insel stoppen. Der Karfreitag, an dem in Deutschland nicht einmal öffentlich ein fröhliches Lied gesungen werden darf, war ein Tag wie jeder andere. Auch um das glimpfliche Ende der Hinrichtung kümmerte sich kaum jemand.

Deswegen dürfte es auch niemanden mehr verwundern, dass ich gestern ohne das deutsche Fernsehen gar nicht mitbekommen hätte, dass es nach Ostern noch einen christlichen Feiertag gibt, bevor mit Pfingsten auch in Deutschland ein Feiertag begangen wird, den niemand mehr erklären kann. Die einen sagen, das sei der Geburtstag der Kirche, die anderen sagen, das sei doch Unsinn, denn die Kirche habe es noch gar nicht gegeben, als die Jünger von Jesus plötzlich mehrere Sprachen beherrschten. Womit Pfingsten wohl der Geburtstag der Volkshochschulen in Deutschland wäre. 

Dafür aber werden auf Madeira immer wieder irgendwelche Figuren durch die Straßen getragen, die Heilige darstellen. Einer der Parks in Funchal ist sogar einer Heiligen gewidmet, die nie gelebt hat. Dennoch reichte es sogar für eine Kapelle im Katharinenpark.

Donnerstag, 19. Mai 2022

Alltägliches (219)

Plakatwerbung für den
Messias. Foto: Shishkoff

Warten auf den Messias?

Die Opposition im Parlament von Madeira benimmt sich so, als warte sie auf den Messias. Behauptet jedenfalls die rechte Sozialdemokratie über die linke Sozialdemokratie. Dazu kann ich nichts sagen. Ich warte in dem Haus, in dem ich wohne, nicht einmal auf die Putzfrau, die alle 14 Tage kommt. Ich mache so oft wie möglich sauber. So oft wie nötig schaffe nicht einmal ich.

Pedro Ramos will mehr für das Wohlbefinden der Bevölkerung tun. Beibringen will der Gesundheitsminister von Madeira  den Inselbewohnerinnen und -bewohnern auch, wie wichtig Hygiene ist. In unserem Haus sollte er mit der Aufklärung nicht anfangen, sonst wäre seine Mission schon im Caminho do Areeiro de Baixo 5 beendet. Aus lauter Verzweiflung. Verspotten lassen müsste er sich auch noch. Dass die linke Sozialdemokratie auf solch einen Messias wartet, würde wahrscheinlich nicht einmal die rechte Sozialdemokratie behaupten.

In Israel wird gerade auf Plakatwänden verkündet, wie man das Kommen des Messias´ beschleunigen kann. Die Botschaft lautet "Eine kleine gute Tat und er wird kommen". Diese Plakate sollten keinesfalls auch auf Madeira aufgehängt werden. Sonst würde die rechte Sozialdemokratie künftig auf jede noch so kleine gute Tat verzichten, um den linken Sozialdemokraten eins auszuwischen und was in unserem Haus geschehen würde, wage ich mir gar nicht auszumalen.  Vielleicht würde sich so mancher sogar häufiger die Hände waschen. Wegen der Unschuld.

Mehr über unser Haus 


Dienstag, 17. Mai 2022

Ohne Museums-Staub


Ronaldo läuft nicht weg

Das CR7-Museum dürfte das bekannteste Museum auf Madeira sein. Fast jede Touristin und fast jeder Tourist will zumindest einmal mit dem Weltstar, der gerade von dem neuen Trainer Manchester Uniteds, Erik ten Hag, über den grünen Klee gelobt wird, fotografiert werden.

Doch am 18. Mai sollte man ein anderes Museum besuchen. Denn CR7 läuft nicht weg, mit 37 Jahren kommt er auch nicht mehr so schnell von der Stelle. Außerdem steht er schon seit sehr langer Zeit vor dem Museum in Funchal. Warum sollte er ausgerechnet morgen davon laufen?

Auch das Busunternehmen HF macht am Internationalen Museumstag Werbung für die Museen auf der Insel und lädt zu einem Gewinnspiel auf Facebook und bei Instagram ein. Mitmachen können alle, die einen Giro-Pass besitzen oder im Mai mit einem normalen Fahrschein einen der gelben Busse benutzt haben. Verlost werden 45 Eintrittskarten für den kostenlosen Museumsbesuch.

Schauen Sie sich doch hier an, wie groß auf Madeira das Museums-Angebot ist. 

Donnerstag, 12. Mai 2022

Alltägliches (218)

Dieser Kastenwagen ähnelt
dem Schrei-Wagen.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Schreie aus blauem Kastenwagen

Eine Zeitlang ist Ruhe gewesen. Doch jetzt passiert es wieder. Immer kurz nach 18 Uhr auf der Estrada Monumental, wenige Meter vor der Abzweigung Caminho do Arreeiro de Baixo in Sao Martinho, fährt so dicht wie möglich ein blauer Kastenwagen an mir vorbei und einer der Insassen schreit mich an. Offensichtlich beabsichtigt er, mich vor Schreck mit meinem Rad stürzen zu lassen. 

Jedes Mal fährt dieser blaue Kastenwagen mit unverminderter  Geschwindigkeit weiter in Richtung Camara de Lobos. Da ich diesem Kastenwagen stets zur gleichen Zeit begegne, vermute ich, dass die Insassen gegen 18 Uhr Feierabend haben. Wahrscheinlich arbeiten sie in Funchal. Der Fahrer duldet offenbar dieses für mich gefährliche Verhalten.

Da alles immer so schnell geht, kann ich die Automarke nicht nennen. Der Kastenwagen sieht dem abgebildeten VW Caddy ähnlich. Ich sehe einen Zusammenhang mit gewissen Begegnungen während meiner Radtouren, die es eine Zeitlang nicht gegeben hat. 

Dienstag, 10. Mai 2022

Alltägliches (217)

 

Hier wird immer viel diskutiert.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Und Conny hat gesagt

"Außerdem braucht Europa eine gemeinsame Armee."

"Stimmt. Letzten Endes würden dann auch für jedes Land die Verteidigungsausgaben sinken."

Gesagt haben wir das im April 2019 im 29 Madeira Hostel in Funchal, wo wir vor drei Jahren im Innenhof an einem Tisch saßen. Conny kam aus Wien, war 18 Jahre alt und diskutierte mit mir über Europa, das uns viel zu kompliziert und inkonsequent war. Wir einigten uns schnell darauf, dass Europa eine gemeinsame Regierung für die Kernbereiche Wirtschaft, Bildung, Soziales, Umwelt und Verteidigung braucht. Der Chef der Regierung müsse direkt gewählt werden. Das europäische Parlament war uns viel zu schwach.

Man stelle sich einmal vor, man hätte auf uns gehört. Hätte sich dann Putin immer noch getraut, die Ukraine zu überfallen? Müsste man dann immer noch fürchten, dass dieser Kriegsverbrecher unermessliches Leid auch noch über weitere Völker bringt? Würde dieser Psychopath nicht vielmehr im Kreml allein schon bei dem Gedanken, dass eine europäische Armee sein Gegner werden würde, nach dem Beistand des orthodoxen Gottes rufen und zur Antwort bekommen: Dieses Mal muss ich dir leider sagen, dass nicht einmal ich dir noch helfen könnte?

Was würde wohl Conny dazu sagen?  

Samstag, 7. Mai 2022

Alltägliches (216)

"Jornal da Madeira", 7. Mai 2022

Dummer Sex in öffentlichen Videos

Wie Medien Themen machen und dann Diskussionen anzetteln, die zu nichts führen, führt in diesen Tagen das "Jornal da Madeira" vor. Erst führt diese Zeitung mit drei Fotos, auf denen angeblich (junge?) Paare auf öffentlichen Straßen Sex haben, ihre Leserinnen und Leser vor, denn erkennen kann man gar nichts. Dann führt eine Community-Projektmanagerin (was macht die eigentlich, wenn sie nicht Sex auf öffentlichen Straßen zu einem Projekt macht?)  in einem Meinungsbeitrag das Wort zum Wenn und Aber, bis man sich fragt, was sie eigentlich im Schilde führt.

Kurz zusammengefasst tritt sie dafür ein, dass das, was sie Gefühle nennt, wieder Konsequenzen hat. Angeblich ist das derzeit nicht der Fall. Wie sie eine Generation, in der so etwas ungestraft vorkommt, nennen soll, scheint sie nicht zu wissen. Sie versucht es mit einer Anlehnung an "verlorene Generation". Dieser Begriff ist aber bereits vergeben. Der amerikanische Schauspieler James Dean, der 1955 tödlich verunglückte, stand für diese Generation, von denen aber die meisten gar nicht wussten, wie verloren sie waren, die Beseitigung der Weltkriegs-Trümmer ließ ihnen gar keine Zeit dafür. 

Als Projektmanagerin ist man wahrscheinlich immer auf der Suche nach zündenden Begriffen. Doch bei Sex in der Öffentlichkeit kann es leicht zu Fehlzündungen kommen. Sexualtherapeuten beispielsweise halten es für eine zündende Idee, wenn Paare ihr langweiliges Eheleben mit Sex in der Öffentlichkeit aufpeppen. Da dieser Sex aber sogar Spaß macht, wenn man sich gar nicht langweilt, braucht man noch einen Kick. Dafür sorgt der Gesetzgeber. Er stellt Sex in der Öffentlichkeit als öffentliches Ärgernis unter Strafe. Man darf sich also nicht erwischen lassen. 

Worin der Kick liegen soll, wenn man sich dabei filmen und danach vom "Jornal da Madeira" vorführen lässt, weiß ich nicht.  Mir kommt das nur dumm und deswegen peinlich vor. 

 
 

Donnerstag, 5. Mai 2022

Alltägliches (215)

 

Sie können es besser haben.
Foto: Heinz-Peter Tjaden
Liebe Tauben aus Funchal,

das Leben in der Stadt bedeutet für euch Stress. Deshalb lebt ihr nicht so lange wie Tauben in freier Natur. Doch auch in der Stadt muss Stress nicht sein. Ich sage nur:

Männer!

Hat meine erste Frau immer gesagt, wenn sie nicht mehr in der Lage war, das Verhalten männlicher Wesen, die ihr im Alltag und am Arbeitsplatz begegneten, einzuordnen. Nicht dazu in der Lage war auch ein deutscher Liedermacher, der sich fragte "Wann ist ein Mann ein Mann?"

Und nun, liebe Tauben, habe ich trotzdem eine gute Nachricht für euch. Die handelt von Manuel und Raul, die in Sao Martinho in einem Haus wohnen und sich in der Küche wie Hänsel und Gretel benehmen, die in einem Märchen Brotkrumen im Wald ausstreuen, um den Rückweg zu finden. Das machen auch Manuel und Raul. Nicht in einem Wald, sondern in der Küche, obwohl sie den Rückweg zu ihrem Zimmer auch ohne Brotkrumen finden könnten. 

Wenn ihr also zu diesem Haus fliegen würdet, hättet ihr genug zu fressen und deshalb keinen Stress. Auch ein schlechtes Gewissen müsstet ihr nicht haben. Denn die Brotkrumen, die Manuel und Raul überall in der Küche verstreuen, brauchen sie nicht wirklich.

Männer?

Hat  meine erste Frau manchmal eine Freundin gefragt. Gibt es denn wirklich keine anderen Männer als den? Eine Häusermaklerin erzählte kürzlich einem Bekannten und mir, dass sich auf Madeira immer mehr Frauen diese Frage stellen. "Sie schmeißen die Kerle raus. Deswegen werden kleine Wohnungen zu günstigen Preisen immer knapper."