Samstag, 18. September 2021

Alltägliches (130)

Die Taberna do Arieiro und
der Ortsbürgermeister.
Foto: Heinz-Peter Tjaden


Wein, Männer und Gesang

"O vinho grego é como o sangue da terra..."

Ich sitze vor der Taberna do Arieiro in der Morgensonne und blättere im "Jornal da Madeira". Die Melodie kenne ich doch, denke ich. In der Taverne pfeift jemand die Melodie mit.

Der Mann, dem ich täglich hier begegne und den ich gedanklich "den Ortsbürgermeister von Sao Martinho" nenne, ballt seine rechte Faust, um mich Faust an Faust zu begrüßen. Hut auf, Grinsen im Gesicht. Kurze Hose. Wie ein Zelt. "Bom dia." Dann Gespräche mit allen.

"E quando fico triste..."

Das Lied wird in der Taverne nicht mehr nur mitgepfiffen, sondern auch mitgesungen. Das Lied kenne ich wirklich. Udo Jürgens. "Griechischer Wein". Gesungen auf Portugiesisch.

"...é porque sempre sonhei com a minha casa."

Einer pfeift, einer singt, ich summe.

"...weil ich immer träume von daheim." 

Donnerstag, 16. September 2021

Alltägliches (129)

Hier treffe ich meine
Traumfrau.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Der Platz meines Traumes

Kann man im Schlaf durch die Zeit reisen? Wenn man von Vergangenem träumt, dann sicherlich. Wenige Sekunden Traum reichen für Erinnerungen an Tage, Wochen oder Jahre. Aber: Kann man im Traum auch in die Zukunft reisen?

Das frage ich mich bei einem meiner regelmäßigen Träume: Ich schlendere eine Straße hinunter, komme an eine Gabelung mit einem kleinen Platz, von dem ein Bus abfährt, ich begegne einer Frau, die mir mit sanfter Stimme sagt, dass ich auf dem richtigen Weg sei, sie nimmt mich in den Arm, gibt mir einen Kuss-dann gehen wir weiter. "Mach dir keine Sorgen", sagt sie jedes Mal.

Stets habe ich mich gefragt, wo dieser Platz sein mag, kein Platz in der Region Hannover sah so aus wie dieser, ich erinnerte mich nicht an einen ähnlichen Platz in den Städten, in denen ich gelebt habe, ich machte mir immer wieder klar, dass Traumbilder keine klaren Bilder sind. 

Doch das ist mir nun nicht mehr klar, denn heute war ich bei einer Radtour durch Funchal sicher: Das ist der Platz aus meinem Traum. Ich machte ein Foto. Als ich das Foto hoch lud, um es hier zu veröffentlichen, fiel mir ein: Seit ich in Funchal lebe, habe ich nie wieder von diesem Platz und von dieser Frau geträumt...   

Dienstag, 14. September 2021

Alltägliches (128)

Einer von vielen 
Lautsprecherwagen.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

Insel mit Goldrand

Niedersachsen hat die Kommunalwahlen seit Sonntag hinter sich, Madeira hat sie bis nächste Woche Sonntag noch vor sich. Bis dahin schnarren weiter Lautsprecherwagen durch die Straßen, räumen die Lokalzeitungen täglich mehrere Seiten für die Versprechen der Bündnisse frei, die von bessere Straßen über schnelleres Internet bis hin zu mehr Geld für Soziales und Kultur reichen. 

Während in Niedersachsen die Parteien an Ständen mit Flyern und Kugelschreibern eher schüchtern um Stimmen geworben haben und Bündnisse erst geschmiedet werden, wenn die Mehrheitsverhältnisse feststehen, stehen die Bündnisse, die stets in die Vollen gehen, auf Madeira bereits vorher fest. 

Den Namen zufolge geht es bei den Rathaus-Wahlen um noch mehr Gerechtigkeit, noch neuere Richtungen oder um einen noch besseren Platz 1, die Kandidatinnen und Kandidaten sind täglich unterwegs, stehen auf Bühnen und geben den Medien Interviews. 

Danach schnarren erneut die Lautsprecherwagen durch die Straßen. Wenn die erst wieder in der Garage stehen, bekommt die Insel einen Goldrand.